„Letztlich wollen wir der Politik Mut machen.“

Mittwoch, 14.04.21

Der erste Bürgerrat Klima für Deutschland

Im Frühjahr 2021 startet der erste bundesweite Klima-Bürgerrat. Ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen fordert, dass seine Vorschläge in den nächsten Koalitionsvertrag einbezogen werden. Die Schirmherrschaft hat der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler übernommen. Zu dem Vorhaben befragte das mdmagazin Percy Vogel, Vorstand des Trägervereins BürgerBegehren Klimaschutz e.V.

mdmagazin: Noch vor den Bundestagswahlen einen Bürgerrat zum Thema Klimaschutz – das hört sich ambitioniert an! Warum die Eile? Vogel: Tatsächlich ist die Entscheidung dazu erst Anfang Dezember gefallen, als klar geworden war: Die Politik selbst wird in dieser Legislaturperiode keinen Bürgerrat Klima mehr anstoßen. Die Scientists For Future und wir waren uns einig, dass die breite gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Klimakrise nicht länger warten kann – wir brauchen jetzt ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen, um die Ziele des Pariser Abkommens noch zu erreichen.

Der Bürgerrat Klima hat keinen politischen Auftrag. Warum sollten die Parteien auf ihn hören?
Einerseits sehen wir gerade in Frankreich, dass auch noch so große Versprechungen keine Garantie für den Erfolg von Bürgerräten sind. Bürgerräte bleiben – bis auf Weiteres – der Willkür der Politik ausgesetzt. Andererseits hat Deutschland ein hohes Problembewusstsein und eine starke Klimabewegung. Wenn es der Zivilgesellschaft gelingt, im Wahlkampf die Klimafrage zur Gretchenfrage zu machen, müssen sich die Parteien mit glaubwürdigen Inhalten positionieren und dabei ihre potentiellen Wähler:innen einbeziehen und mitnehmen. Solche Inhalte kann der Bürgerrat Klima liefern. Letztlich wollen wir der Politik Mut machen.

Was, wenn der Bürgerrat Klima sich als mutloser erweist, als die Politik?
Da haben wir wenig Bedenken, teils wegen der Erfahrungen aus vergleichbaren Bürgerräten, teils aus der Art und Weise, wie Bürgerräte funktionieren. Die Teilnehmenden nehmen ihre Aufgabe sehr ernst und sind hochmotiviert, gemeinwohlorientierte Lösungen zu finden, ohne dass für sie direkte Vor- oder Nachteile daraus entstehen. Dennoch ist richtig: Ein Bürgerrat ist kein Wunschkonzert, auch nicht für uns als Initiator:innen, und das ist gut so.

Klimaschutz ist ja ein weites Feld. Welche Fragen soll denn der Bürgerrat Klima behandeln?
Er soll Maßnahmen vorschlagen, die wesentlich dazu beitragen, dass Deutschland die Pariser Klima-Ziele erreicht, die es sich selbst gesetzt hat. Dabei sollen soziale, ökologische und ökonomische Aspekte im Auge behalten werden. Das ist die einzige Vorgabe von uns als Auftraggeber.
"Die Teilnehmenden nehmen ihre Aufgabe sehr ernst und sind hochmotiviert, gemeinwohlorientierte Lösungen zu finden, ohne dass für sie direkte Vor- oder Nachteile daraus entstehen. Dennoch ist richtig: Ein Bürgerrat ist kein Wunschkonzert, auch nicht für uns als Initiator:innen, und das ist gut so."
Ist das nicht eine zu große Aufgabe für einen Bürgerrat?
Es ist die große Aufgabe, vor die unsere Gesellschaft gestellt ist. Die genauere Auswahl von Themenfeldern und Fragestellungen für den Bürgerrat ist ein mehrstufiger Prozess, bei dem das wissenschaftliche Kuratorium den Ausgangspunkt bildet und zu dem die Bundestagsparteien, die Zivilgesellschaft und repräsentativ befragte Bürger:innen beitragen. Wie bei jedem Bürgerrat muss auch hier eine Balance zwischen dem Anspruch des Auftrages und dem Machbaren gefunden werden. Das ist die Aufgabe des wissenschaftlichen Kuratoriums und der Durchführungs-Institute (ifok, nexus und IPG) – und des Bürgerrats selbst. Zugute kommt dem Prozess noch das „Handbuch Klimaschutz“, das wir zusammen mit Mehr Demokratie in Auftrag gegeben hatten. Es ist die erste 1,5°C-Studie für Deutschland. Sie ist leicht verständlich geschrieben und dient als wichtige Grundlage für das Agenda-Setting.

Wer unterstützt den Bürgerrat Klima und wer finanziert ihn?
Der Bürgerrat Klima wird wie seine Vorgänger vor allem durch Stiftungsförderungen finanziert. Zudem setzen wir auf eine breite Unterstützung aus der Öffentlichkeit – jeder kann auf www.buergerrat-klima.de dazu beitragen, dass der Bürgerrat ein Erfolg wird. Zentral für den politischen Erfolg ist das stetig wachsende Bündnis von Organisationen, die sich hinter die Idee des Bürgerrat Klima stellen, sie weitertragen und sich im Herbst bei den Koalitionsverhandlungen für seine Stimme einsetzen.

Was begeistert dich an losbasierten Bürgerräten?
Dass sie einen Rahmen schaffen, in dem Menschen aus allen Lebenslagen zusammenkommen und gemeinsam an Lösungen arbeiten. Das ist das Gegenteil zu der Polarisierung und Blasenbildung, die wir sonst beklagen. In Bürgerräten geschieht etwas Transformatives. Das passt zu der Aufgabe, vor der wir stehen: Eine demokratische Transformation hin zu einer nachhaltigen Lebens-, Wirtschafts- und Denkweise.


Danke für das Gespräch und viel Erfolg!
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